13.10.2025
Die Herabwürdigung deutscher Staatsangehöriger mit ausländischen Wurzeln als "Türken mit einem deutschen Pass" und die damit verbundene Differenzierung deutscher Staatsangehöriger verstößt gegen die so genannte Wohlverhaltenspflicht eines beamteten Professors, dessen dienstliche Aufgabe in der Aus- und Fortbildung von Anwärtern und Beamten des gehobenen Verwaltungsdienstes beim Bundesnachrichtendienst (BND) besteht. Das hält das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) fest.
Geklagt hat ein beamteter Professor im Geschäftsbereich des BND, der Anwärter und Beamte des gehobenen Verwaltungsdienstes an der Hochschule des Bundes unterrichtet. 2021 veröffentlichte er das Buch "Kulturkampf um das Volk. Der Verfassungsschutz und die nationale Identität der Deutschen". Nach Einholung eines rechtswissenschaftlichen Gutachtens leitete der BND im Oktober 2022 ein Disziplinarverfahren ein und erließ im Mai 2024 eine Disziplinarverfügung, mit der dem Professor eine Kürzung der Dienstbezüge um ein Zehntel für die Dauer von 24 Monaten auferlegt wurde. Der Beamte habe zwar nicht die Verfassungstreuepflicht verletzt, mit dem propagierten "ethnisch-kulturellen" Volksbegriff aber gegen seine beamtenrechtliche Pflicht zu achtungs- und vertrauensgerechtem Verhalten verstoßen. Mit der Differenzierung führe er eine Kategorie ein, die das Grundgesetz bewusst nicht enthalte und die zu einer Abstufung der deutschen Staatsangehörigen führe.
Das für Klagen über Vorgänge im Geschäftsbereich des BND erst- und letztinstanzlich zuständige BVerwG hat die gegen die Disziplinarmaßnahme gerichtete Klage abgewiesen. Wie bereits der BND zutreffend erkannt habe, liege in den beanstandeten Ausführungen des Professors zum ethnisch-kulturellen Volksbegriff keine Verletzung der beamtenrechtlichen Verfassungstreuepflicht. Denn diese seien ausschließlich sozialwissenschaftlich-deskriptiv. Die Forderung nach einer rechtlichen Ungleichbehandlung deutscher Staatsangehöriger können ihnen nicht entnommen werden.
Der Professor habe jedoch seine beamtenrechtliche Pflicht zu achtungs- und vertrauensgerechtem Verhalten verletzt. Von dieser Pflichtenstellung werde er durch die ihm zuzubilligende Wissenschaftsfreiheit nicht freigestellt. Der Beamte sei als Professor an der Hochschule des Bundes vornehmlich mit der Aus- und Fortbildung von Anwärtern und Beamten des gehobenen Dienstes betraut; dies sei zu berücksichtigen bei der amtsbezogenen Pflicht des Beamten, durch sein Verhalten das für die Ausübung der Dienstpflichten erforderliche Vertrauen nicht zu beeinträchtigen.
Mit den Ausführungen, dass es sich bei deutschen Staatsangehörigen mit ausländischen Wurzeln teilweise (wie bei Özil, Gündogan oder Can) um "Türken mit einem deutschen Pass" handele, die "in ehrlicher Weise" ihre Identität lebten und als Patrioten für ihre Heimat einstünden — "und dies ist die Türkei" —, nehme der Beamte eine bewertende Abstufung deutscher Staatsangehöriger vor. Da die Heimat dieser Menschen nicht Deutschland sei und sie "in ihrem Herzen zuvörderst Türken bleiben", könne auch nicht erwartet werden, dass sie sich patriotisch zu Deutschland bekennen. Mit dieser Stellungnahme (und weiteren Ausführungen) positioniere sich der Professor in einer Weise, die das Vertrauen seines Dienstherrn und der Studenten beeinträchtigt, dass er seinem dienstlichen Auftrag und der damit verbundenen Vorbildfunktion gerecht wird. Das BVerwG hält die Disziplinarverfügung des BND daher für richtig.
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 09.10.2025, BVerwG 2 A 6.24